Soffie: "Wir leben nur einmal und sollten alles ausprobieren!"

25. September 2025
Schaffarei Festival 2025 – Samstag – Soffie auf der Bühne
© AK Vorarlberg

Soffie hat das Publikum beim Schaffarei Festival 2025 im Sturm erobert. Im Interview erzählt sie, wie sie überhaupt zur Musik kam, warum Neuanfänge für sie so wichtig sind, wie ihr Song „Für immer Frühling“ viral ging – und ihr auch Drohungen bescherte.

Soffie, wann hast du angefangen, Musik zu machen – und warum?

Angefangen hab ich schon ultra früh, so mit 5 oder 6. Damals stand nämlich ein Klavier in unserem Wohnzimmer und das hat mich einfach schon als kleines Kind total in seinen Bann gezogen. Später kam dann der Gesang und erste Bandprojekte dazu und so nahm alles seinen Lauf.

Du hast deine Musik-Laufbahn mit Klassik begonnen. Wie bist du dann zum Pop gekommen?

Ich glaube unter anderem die Serie Hannah Montana hat hier eine nicht unerhebliche Rolle gespielt. (lacht)

Aus deinen Anfängen in der Klassik stammt auch das Wortspiel in deinem Namen: Du schreibst dich mit “ff“, was für „fortissimo“, also „sehr laut“ steht. Wie hilft dir dieses Auftreten in deiner Musikkarriere und sollten viel mehr Frauen sich zugestehen, laut zu sein?

Ich hab irgendwann aufgehört, mich selbst dafür zu verurteilen, nicht in irgendwelche Ideale reinzupassen. Seitdem fühle ich mich unglaublich frei und ich habe das Gefühl, viel mehr Lebensfreude ausstrahlen zu können. Meine Authentizität und mein Mut, so zu sein, wie ich bin, erfüllen mich selbst und gleichzeitig hoffe ich, andere dazu ermutigen zu können, ihre Stimme zu erheben und kompromisslos zu leben.

Die Sängerin Soffie am Samstag auf der Bühne des Schaffarei Festival 2025
© Patricia Keckeis

Dein Song „Für Immer Frühling“ wurde zum Soundtrack der landesweiten Proteste gegen Rechtsextremismus Anfang 2024 in Deutschland und Österreich. Was hat dich dazu gebracht, diesen Song zu schreiben?

Ich glaube die Ursprungsemotion, die mich damals inspiriert hat, war Kälte. Ich saß in einem kalten Keller mitten im Winter und hab mich wieder mal gefragt, wieso auch die Menschen gefühlt immer kälter werden. Die fehlende Empathie in der Politik und in der Gesellschaft haben mich damals dazu bewegt.

Soffie: "Wir leben nur einmal und sollten alles ausprobieren!"

Als „Für Immer Frühling“ zur Hymne des Protestes gegen Rechts wurde, hast du auch Morddrohungen bekommen. Wie bist du damit umgegangen?

Ich habe so gut es geht versucht, diese Drohungen richtig einzuordnen. Die waren nämlich meistens der Versuch irgendwelcher Faschos, mich einzuschüchtern, mir Angst zu machen und im Endeffekt der (vergebliche) Versuch, mich still zu machen. Wie der liebe Rüde von den Sportfreunden Stiller mir dann später auch irgendwann sagte, „Hoffnung ist das, wovor die Faschos am meisten Angst haben“.

Musikerin Soffie in der U Bahn
© AK Vorarlberg
Musikerin Soffie vor einer orangen Wand
© AK Vorarlberg

Wann hast du zuletzt etwas Neues angefangen und was war das?

Ohje, da kann ich mich kaum auf etwas festlegen. Ich liebe es, Dinge anzufangen und Neues auszuprobieren. Seit diesem Jahr spiele ich zum Beispiel Schach, nehme Gitarrenunterricht und habe wieder angefangen, mir Rätselhefte zu kaufen. Ich kann nichts davon richtig gut, aber wenn es mir Spaß macht, mache ich es einfach.

Wie schreibst du einen neuen Song?

Sehr unterschiedlich, meistens entstehen erste Skizzen oder Ideen allein. Entweder am Klavier oder der Gitarre, manchmal aber auch, wenn ich selbst produziere und mit irgendwelchen weirden Vocal-Effekten rumexperimentiere.

Wir leben alle nur einmal und sollten uns erlauben, alles mal auszuprobieren, wenn wir können.

Im Interview mit der Berliner Zeitung hast du verraten, dass du einen ganzen „Friedhof abgebrochener Studiengänge“ hinter dir hast. Kann aufhören genauso beflügelnd sein wie anfangen?

Total. Wir leben alle nur einmal und sollten uns erlauben, alles mal auszuprobieren, wenn wir können. Für mich ist es keine Option, irgendetwas im Leben zu bereuen, und schon gar nicht deshalb, weil ich es nie ausprobiert habe. Natürlich spreche ich hier aus einer sehr privilegierten Perspektive, denn mir ist bewusst, dass viele Menschen diesen Luxus nicht haben. Gerade aus diesem Grund halte ich es für ein unglaubliches Geschenk, mich ausprobieren zu dürfen und mir auch Raum für Fehler einzuräumen, denn wie wahnsinnig wertvoll ist es bitte, die Möglichkeiten dafür zu haben?

Was willst du auf keinen Fall anfangen?

Mich selbst zu für andere zu verbiegen.

Schaffarei Festival 2025 – Samstag – Soffie auf der Bühne
© AK Vorarlberg

Du setzt dich auch für Flinta-Personen und mehr Gleichberechtigung in der Musikbranche ein. Wo liegen da in deinen Augen derzeit noch die größten Baustellen? Und welche gesellschaftlichen Anfänge brauchen wir hier noch?

Männer werden für das Bare Minimum immer gefeiert, während Frauen* sich jeden Erfolg dreimal so schwer erarbeiten müssen. Wir werden in der Öffentlichkeit und auf Social Media für Banalitäten zerfleischt, aufs Äußere reduziert und objektifiziert. Mal sind wir nicht heiß genug, mal zu billig. Mal zu prüde, dann zu freizügig. Lassen wir Schönheitseingriffe durchführen ist das falsch, altern wir natürlich sind wir abgeschrieben. Wir können in dieser patriarchalen Gesellschaft nie gewinnen und deshalb ist es wichtig, dass wir damit aufzuhören zu versuchen, uns den Idealen anzupassen, die seit Jahrhunderten dazu da sind, uns weiter zu unterdrücken.

Was rätst du Menschen, die ebenfalls etwas anstoßen und verändern wollen?

Hört auf, nach links und rechts zu schauen. Hinterfragt euch nicht so viel, hört auf euch zu vergleichen. Fragt euch lieber: „Wer bin ich und wie kann ich in dieser Welt dazu beitragen, dass sie auch nur ein kleines bisschen weniger beschissen wird?“